Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat gewählt: „Döner-Morde“ ist das Unwort des Jahres. Auf Platz 2 und 3 finden sich „Gutmensch“ und „Marktkonforme Demokratie“.
Schon in der Vergangenheit griff die Wahl der GfdS Alltagsrassismen und Diskriminierungen unterschiedlicher Art auf. 2010 landete „Integrationsverweigerer“ auf Platz 2, 2006 gewann mit „Freiwillige Ausreise“ ein einschlägiger Begriff des Rechtspopulismus. Die Wahl ist wichtig, denn sie benennt die Seiten der deutschen Sprache, die mit aller Macht marginalisieren, stereotypisieren und diskriminieren.
Der Ausdruck „Döner-Morde“ war erst nach breiter Kritik weitestgehend aus den Meldungen der Mainstream-Medien verschwunden und steht exemplarisch für deren häufig einseitige und stereotypisierende Berichterstattung. Eine sprachliche Sensibilisierung ist verlagsübergreifend wohl aber kaum zu erwarten und auch die nächsten Jahre werden sich Begriffe á la „Döner-Morde“, „Überfremdung“ oder „Flüchtlingsbekämpfung“ in der Wahl zum Unwort des Jahres wiederfinden. Die Angst vor dem Verlust der imaginären deutschen „Leitkultur“ wird weiter geschürt werden, Minderheiten werden weiterhin mit Etiketten versehen werden. Derzeit beschäftigt man sich schließlich auch lieber mit den Ausflügen der Familie Wulff (Hat er ein oder zwei Bier auf dem Oktoberfest geschenkt bekommen? Wer bezahlt eigentlich das BILD-Abo?) als mit der Aufarbeitung der NSU-Aktivitäten und deren gesellschaftlicher Tragweite.
Ich hätte übrigens auch noch einen Vorschlag für nächstes Jahr: „Betroffenheitskultur“. Noch so ein Wort, durch das der ein oder andere sich gern der Selbstreflexion zu entziehen versucht.