Nachfolgend ein Bouquet altbekannter Relativierungen rassistischen Handelns. Aktuell in der Auflage „Markus Lanz findet das nicht rassistisch, ihr macht das ja sowie so nur, weil ihr den Lanz doof findet. Weiter so, Markus!“
Und wenn ich eine schwarze Strumpfhose anziehe, ist das dann auch Blackfacing, nur für die Beine??
Trägst du die alltäglich, um dich als Schwarze Person zu verkleiden? Wenn nicht, alles safe. Weiter machen. Gleiches gilt für schwarze Autos und eine fanatische Vorliebe für Nutella (wenn die Schmierspur den Haaransatz erreicht, wird es da allerdings langsam kritisch, also vor dem Verlassen des Hauses lieber noch mal das Gesicht waschen).
Im afrikanischen Fernsehen müsste man zu weißer Schminke aufrufen.
Ja. Damit dann dort die „rühmliche“ Vergangenheit der systematischen Versklavung, Ausbeutung und kontinuierlichen Erniedrigung der Bevölkerung des europäischen Kontinents noch einmal angemessen zelebriert werden kann? Oder wie?
Was wäre die Alternative gewesen? Markus Lanz hätte vielleicht sagen sollen, „bitte gehen Sie im örtlichen Asylbewerberheim vorbei und besorgen sich für die Saalwette einen kleinen dunkelhäutigen Jungen, denn wenn sich jemand schwarz anmalt, ist das Rassismus!“
Autor Christian Zechel ist GMX-Redakteur. In der Redaktion vermutet scheinbar niemand, dass in Augsburg Schwarze Menschen außerhalb von Asylbewerberheimen leben könnten. Allein unter Berücksichtigung der Tatsache, dass auch Einheiten der Army über Jahrzehnte in der Stadt stationiert waren und der Anteil Schwarzer Soldaten in den US-Truppen 2009 bei etwa 20% lag, ist die Argumentation schon nahezu grotesk. Die Annahme, dass Schwarze Menschen in der Bundesrepublik eher in Flüchtlingsheimen anzutreffen sind als im REWE um die Ecke oder an der Uni (14% der Studierenden an der Universität Augsburg kommen aus anderen Ländern, do the math), ist erschreckend weit verbreitet.
Der Versuch, mit rassistischen Stereotypen argumentieren zu wollen, dass etwas ganz bestimmt nicht rassistisch gemeint war, funktioniert halt doch nicht so richtig gut.
Kümmert euch doch um wichtigere Sachen.
Wir neumodischen, gut vernetzten Hypergutmenschen sind ja in der Lage mehrere Eisen im Feuer zu haben. Die Annahme, dass ein Tag oder auch eine Woche Blackface-Bullshitbingo spielen dazu führt, dass engagierte Menschen sich den Rest des Jahres erschöpft in eine Waldhütte zurückziehen um Kraft für die nächste Diskussion zu sammeln, trifft meistens so nicht zu. Obwohl der entsprechende Impuls auch ab und zu mal da ist, angesichts soviel empathiefreien Festhaltens an Rassismen.
Mal abgesehen davon: Death by a thousand paper cuts.
Wenn das Ganze bei „Joko & Klaas“ passiert wäre, hätten die gleichen Leute, die jetzt „Rassismus!“ schreien, es cool gefunden und satirisch und kulturpessimistisch und so. Wetten?
Noch mal Zechel. Wetten, dass Rassismuskritik nicht an den vermeintlichen Sympathiepunkten der Akteure ausgerichtet wird? Vor Kritik an sexistischen Handlungen jedenfalls sind die beiden oben genannten Herren nicht verschont geblieben.
Ein Klassiker zum Schluss:
Also ICH seh da keinen Rassismus.
Achso, ja dann. Mach halt die Augen auf, Mensch..
Weiterführende Links in der Sammlung:
– Menschen, die das „Wetten, dass…?“ Blackfacing gutheißen (Shehadistan)
– Hilfe für Wetten Dass?! – Blackfacing ist rassistisch (Kotzendes Einhorn)
– Blackface bei „Wetten, dass…“ (Anatol Stefanowitsch, ebenfalls mit Linkliste)
– Aber IHR macht Jim Knopf zum Opfer (Ali)
– Irgendwo ist immer Afrika… – Blackface in DEFA-Filmen (bpb)
– „Wetten, dass…?“: Schwarz angemalt und Spaß dabei (Hamburger Abendblatt)
– Wetten, dass…? Blackface in Augsburg gut ankommt? (Erbloggtes)
– Du bist nicht Rappaport und auch nicht Jim Knopf… (Me, Myself and Child)
[Update 18.12.2013]
Teil 2 HIER